Notizen aus der Wissenschaft:
Stichwort: Lernen
Lernen
27.09.2008 – Psychologie
Späte Einsicht
Erst mit zwölf Jahren lernen Kinder
aus Fehlern
Achtjährige Kinder lernen auf eine gänzlich andere Art
als zwölfjährige: Während Achtjährige vor allem
auf Lob reagieren, lernen Zwölfjährige vor allem aus
der Rückmeldung, dass sie einen Fehler gemacht haben. Auch
Erwachsene benutzen diese Lernstrategie, jedoch effizienter als
die Zwölfjährigen. Die Unterschiede zwischen den beiden
Altersgruppen zeigen sich auch in unterschiedlichen Aktivierungen
einer Hirnregion, die für mentale Kontrolle zuständig
ist. Dies hat ein Forscherteam um Eveline Crone von der Universität
in Leiden jetzt erstmals festgestellt.
Dass Achtjährige nach einer negativen Rückmeldung wie "Du
hast es falsch gemacht" ungewöhnlich viele Fehler machen,
hatten bereits frühere Studien ergeben. Crone und ihre Kollegen
verglichen jetzt jedoch erstmals Kinder verschiedener Altersstufen
und junge Erwachsene und registrierten dabei zugleich ihre Gehirnaktivität
mit Hilfe der Magnetresonanztomographie (MRT).
Gehirnregionen, die für mentale Kontrolle zuständig
sind, reagieren bei acht- und neunjährigen Kindern stark auf
positives und kaum auf negatives Feedback, stellten die Neurowissenschaftler
fest. Bei Zwölf- bis Dreizehnjährigen und bei Erwachsenen
im Alter von 18 bis 25 Jahren ist genau das Gegenteil der Fall:
Die Kontrollregionen, die Gebiete im Stirnhirn und im Schläfenlappen
umfassen, sind bei negativem Feedback besonders aktiv und reagieren
bei einer positiven Rückmeldung kaum. Die Forscher verwendeten
in ihrer Untersuchung eine Computeraufgabe, bei der die Probanden
Regeln entdecken mussten. Wenn sie eine Aufgabe richtig gelöst
hatten, erschien ein Häkchen auf dem Bildschirm, bei einem
Fehler dagegen ein Kreuz.
Crone berichtet, sie sei über die Ergebnisse selbst überrascht
gewesen: "Wir hatten erwartet, dass die Gehirne der Achtjährigen
auf die gleiche Art arbeiten wie die der Zwölfjährigen,
nur nicht so effizient", sagt die Psychologin. Doch es könnte
sein, dass jüngere Kinder so reagieren, weil sie leichter
verstehen, dass sie etwas richtig gemacht haben. "Dagegen
ist es wesentlich komplizierter, zu erkennen, dass man etwas falsch
gemacht hat, und aus diesem Fehler zu lernen", erklärt
Crone.
Ob die Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Kindern
durch die Reifung des Gehirns oder durch Lernerfahrungen zustande
kommen, ist bisher allerdings noch unklar. "Vermutlich ist
es eine Kombination aus beiden Faktoren", sagt Crone.
Eveline Crone (Universität Leiden) et al.: Journal of Neuroscience,
Bd. 28, S. 9495
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