Notizen aus der Wissenschaft:
Stichwort: Kleinhirn
Kleinhirn
04.10.2005 - Hirnforschung
Kleinhirn ganz groß
Cerebellum hat mehr mit höheren
Gehirnfunktionen zu tun als gedacht
Das Kleinhirn spielt im Gehirn offenbar
eine wichtigere Rolle als bislang angenommen: Es ist nicht
nur entscheidend
an der
frühkindlichen
Entwicklung beteiligt, sondern auch eng mit der korrekten Entwicklung
des Großhirns im Mutterleib verknüpft. Das haben amerikanische
Forscher in einer Reihe von Studien mit frühgeborenen Kindern
nachgewiesen. Bisher wurde dem Kleinhirn, auch Cerebellum genannt,
lediglich eine Funktion bei automatisierten Bewegungsabläufen
und unbewusstem Lernen zugeschrieben.
Zwischen Kleinhirn und Großhirn gibt es während der
Embryonalentwicklung eine sehr enge Verbindung, entdeckten die
Forscher auf Magnetresonanztomographie-Aufnahmen der Gehirne von
74 Frühchen. Ist beispielsweise das Großhirn geschädigt,
entwickelt sich auch das Kleinhirn nicht korrekt. Umgekehrt behindert
eine Fehlentwicklung im Kleinhirn auch das Wachstum des Großhirns.
Betroffen sind dabei immer die jeweils entgegengesetzten Hirnhälften.
Die Auswirkungen eines nicht richtig entwickelten
Kleinhirns sind dabei sehr viel weitreichender als bislang angenommen,
konnten Catherine Limperopoulos und ihre Kollegen bereits
in einer früheren
Studie zeigen. Sie verglichen 31 Kleinkinder, die zu früh
geboren worden waren und bei denen Blutungen im Cerebellum aufgetreten
waren, mit 31 ebenfalls zu früh geborenen, aber gesunden Kindern.
Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Kinder mit Verletzungen
des Kleinhirns hatte neben motorischen Problemen Kommunikations-
und Sprachstörungen, Verhaltensauffälligkeiten sowie
eingeschränkte soziale Fähigkeiten – verglichen
mit lediglich drei Prozent in der Kontrollgruppe. Insgesamt war
die Entwicklung dieser Kinder deutlich verzögert,
berichten die Wissenschaftler.
Schäden am Cerebellum sind eine häufige Komplikation
bei Frühgeborenen. So zeigt beispielsweise eine weitere Untersuchung
von Limperopoulos und ihren Kollegen, dass die Fälle von Blutungen
im Kleinhirn bei Frühchen von 1998 bis 2002 dramatisch zunahmen.
Im Jahr 2002 litten 15 Prozent der Kinder mit einem Geburtsgewicht
unter 750 Gramm unter solchen Blutungen. Die Wissenschaftler wollen
nun untersuchen, welche Rolle das Cerebellum während der frühkindlichen
Entwicklung genau spielt und welche Nervenverbindungen bei Verletzungen
des Kleinhirns betroffen sind.
Catherine Limperopoulos (Harvard-Universität, Boston) et
al.: Pediatrics, Bd. 116, Nr. 4
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