Notizen aus der Wissenschaft:
Stichwort: Denken
Denken
26.03.2009 - Psychologie
Warum Kinder nicht immer das tun, was ihre
Eltern wollen
Die Kleinen können aktuell Gesagtes nicht in zukünftige
Aktionen umsetzen
Wenn Kinder nicht gleich auf eine
Aufforderung reagieren, vermuten Eltern häufig, dass sie nicht richtig zuhören oder sogar
absichtlich ungehorsam sind. Doch damit tun sie ihren Sprösslingen
möglicherweise Unrecht: Kinder denken einfach anders, erklären
amerikanische Forscher. Bis etwa zum Schulalter können sie
noch keine Verbindung zwischen Gegenwart und Zukunft herstellen.
Daher begreifen sie auch nicht, welchen Einfluss eine Handlung
in Zukunft hat oder haben könnte. Bekommen sie also etwas
gesagt, reagieren sie häufig nicht gleich, sondern erst später – dann
nämlich, wenn sie genügend Informationen zusammen haben,
um die ursprüngliche Anweisung einordnen zu können,
berichten Yuko Munakata und sein Team von der University
of Colorado in Denver.
Bislang sind Wissenschaftler davon ausgegangen,
dass Kinder auf die gleiche Weise denken wie Erwachsene und dass
sie schon frühzeitig
vorausschauend handeln können. Munakata und seine Kollegen
widerlegten diese These jetzt jedoch. Christopher Chatham, ein
Mitglieder der Forschergruppe, verdeutlicht das Prinzip an einem
Beispiel: Wenn es draußen kalt ist und man einem dreijährigen
Kind sagt, es soll seine Jacke aus seinem Zimmer holen, bevor es
rausgeht, würde man erwarten, dass das Kind diese Maßnahme
versteht. Doch Kinder planen nicht: "Dreijährige rennen
hinaus, entdecken, dass es kalt ist und rufen dann erst in ihrer
Erinnerung ab, wo die Jacke ist und holen sie schließlich."
Zeigen konnten die Wissenschaftler diese Eigenheit des kindlichen
Gehirns anhand eines einfachen Experiments: Sie ließen 34
Kinder im Alter von dreieinhalb und zum Vergleich die gleiche Anzahl
achtjähriger Kinder ein Computerspiel spielen. Hauptdarsteller
waren die Zeichentrickfiguren SpongeBob Schwammkopf und der Hund
Blue aus der Serie 'Blue's Clues'. Für einen Durchgang erhielten
die Kleinen beispielsweise die Information, dass Blue Melonen mag.
Anschließend erschien zuerst eine der beiden Figuren und
dann eine Melone auf dem Bildschirm. Bei der richtigen Kombination – Blue
und Melone – sollten die Kinder ein lachendes Gesicht auf
dem Touchscreen drücken, bei der falschen – Schwammkopf
und Melone – ein trauriges. Während des Tests maßen
die Forscher die Pupillendurchmesser der Kinder, um festzustellen,
wann die Kinder zur richtigen Lösung gelangten.
Die Achtjährigen hatten das Prinzip sofort verstanden – sie
wussten schon beim Erscheinen der falschen Figur zu Beginn des
Versuchs, dass sie das traurige Gesicht wählen mussten. Den
Dreijährigen fehlte hingegen dieses Vorausschauende Denken:
Sie warteten bei allen Tests, welche Frucht erscheinen würde,
und trafen dann erst ihre Wahl. Die Forscher hoffen nun, mit Hilfe
der Ergebnisse die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern verbessern
zu können. Für das Beispiel mit der Jacke bedeute dies
etwa, dass Eltern ihren Kindern sagen sollten: Ich weiß,
dass Du Deine Jacke jetzt nicht mitnehmen willst, aber falls Du
später frierend im Hof stehst, dann denk daran, dass sie im
Kinderzimmer liegt.
Yuko Munakata (University of Colorado, Denver) et al.: PNAS,
doi: 10.1073/pnas.0810002106
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